AGG erfordert zumindest überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Benachteiligung
Für eine Benachteiligung nach AGG muss eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ bestehen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.01.2017 (Az.: 8 AZR 736/15) klargestellt, dass alleine die „Möglichkeit“ einer Benachteiligung für einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht ausreicht. Vielmehr besteht eine Vermutung der Benachteiligung nur, wenn Indizien vorliegen, die mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ darauf schließen lassen, dass ein in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war.
Hintergrund.
Ein Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von 50 verlangte mehrmals eine Aufstockung seiner wöchentlichen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber gewährte zwar anderen Mitarbeiter die Aufstocken der Arbeitszeit, jedoch nicht dem Kläger. Der Kläger klagte zunächst nur auf Vertragsänderung. In der Berufungsinstanz erweiterte er sein Klage und forderte hilfsweise Schadensersatz in Höhe entgangenen Verdienstes aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung. Das Arbeitsgericht wies die Klage zurück. Das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger Schadensersatz in Höhe des ihm entgangenen Verdienstes zu.
Die hiergegen eingereichte Revision des Arbeitsgebers hatte vor dem Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben hätten dürfen, da Indizien für die „Möglichkeit“ einer Benachteiligung bestehen würden. § 22 AGG sei vielmehr so zu verstehen, dass für die Vermutung einer Benachteiligung Indizien für eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ der Benachteiligung erforderlich seien. Die Sache hat das Bundesarbeitsgericht an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen.
Praxis.
Dieses Urteil stellt nochmal klar, dass die Vermutung für eine Benachteiligung nach dem AGG nicht eingreift, sobald nur die geringe Möglichkeit einer Benachteiligung besteht.
Der Arbeitnehmer muss zumindest darlegen, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit – das heißt eine Wahrscheinlichkeit über 50% - besteht. Damit geht das Bundesarbeitsgericht in die richtige Richtung, damit Arbeitgeber nicht mit AGG-Klagen überhäuft werden und zieht hier eine höhere Schwelle ein.