Aufmerksame Leser des SCHULTEblogs konnten sich bereits darüber informieren, was mit der Einführung des neuen Wettbewerbsregisters auf Unternehmen zukommt.
Nun können Unternehmen als solche allerdings keine Straftaten begehen, die potenziell im Wettbewerbsregister geführt werden könnten. Den Eintragungen liegen stets Straftaten von natürlichen Personen zugrunde, die einem Unternehmen zugerechnet werden. Diese Strafzurechnung wird Thema des heutigen 6. Blogbeitrags sein.
Bisher erschienene Teile aus dieser Reihe:- Teil 1: Die Einführung des Wettbewerbsregisters
- Teil 2: Eintragungsgegenstand
- Teil 3: Eintragung ausländischer Entscheidungen
- Teil 4: Abfragepflicht und Abfragerecht
- Teil 5: Abfrage bei Rechtsnachfolge
- Teil 6: Zurechnung zum Unternehmen
- Teil 7: Löschung aus dem Register und Selbstreinigung
- Teil 8: Vertraulichkeit der Registerinformation
- Teil 9: Rechtsschutzmöglichkeiten
- Teil 10: Folgen der Einführung
- Teil 11: Aktueller Stand
- Teil 12: Zielsetzung und allgemeiner Regelungsinhalt der Wettbewerbsregisterverordnung
- Teil 13: Inbetriebnahme des Wettbewerbsregisters
- Teil 14: Selbstreinigung nach der Wettbewerbsregisterverordnung
- Teil 15: Veröffentlichung eines Entwurfs für Leitlinien zur Selbstreinigung sowie praktischer Hinweise für die Antragstellung
- Teil 16: Mitteilungspflichten und Abfragemöglichkeiten ab dem 1. Dezember 2021
- Teil 17: Die vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung (Teil 1)
- Teil 18: Die vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung (Teil 2)
- Teil 19: Finale Fassungen der Leitlinien und Praktischen Hinweise für eine Selbstreinigung
- Teil 20: Geltung von Abfragepflichten und Auskunftsrechten
- Teil 21: Einjähriger Betrieb des Wettbewerbsregisters
- Teil 22: Aktuelle Erfahrungen
Grundsatz: Kein Unternehmensstrafrecht.
Die deutsche (Straf)Rechtsordnung kennt (bisher) kein Unternehmensstrafrecht. Straftaten und somit Delikte, die im Register geführt werden können, können nur von natürlichen Personen begangen werden. Ergeht keine Geldbuße gegen das Unternehmen gemäß § 30 OWiG i.V.m § 2 Abs. 1 Nr. 3 WRegG bedarf es einer natürlichen Person, die in einem besonderen Näheverhältnis zu dem jeweiligen Unternehmen steht, so dass dem Unternehmen ein Verstoß der natürlichen Person zugerechnet werden kann.
Für welche Personen kommt eine Zurechnung in Betracht?
Unstreitig ist, dass nicht die Straftat jeder Person, die in einer irgendwie gearteten Beziehung zu dem Unternehmen steht, dem betreffenden Unternehmen auch zugerechnet werden kann.
Vielmehr kommt eine entsprechende Zurechnung nach dem WRegG nur für einen bestimmten Personenkreis in Betracht. Das WRegG kennt in § 2 Abs. 3 Satz 2 eine Zurechnung des Verhaltens natürlicher Personen, soweit diese als für die Leitung des Unternehmens Verantwortliche gehandelt haben. Hierzu gehört ausdrücklich auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.
Wer als Verantwortlicher für die Leitung des Unternehmens zuständig ist, wird für den konkreten Einzelfall bestimmt. Insoweit bietet die Generalklausel des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG einen Anhaltspunkt. Jedenfalls werden zumindest die spezielleren Tatbestände des § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 in jedem Fall einschlägig sein. Zurechnungsfähig ist folglich das Handeln von vertretungsberechtigten Organmitgliedern einer juristischen Person, von Vorstandsmitgliedern eines nicht rechtsfähigen Vereins, von vertretungsberechtigten Gesellschaftern einer rechtsfähigen Personengesellschaft sowie von Generalbevollmächtigten oder in leitender Stellung (Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter) einer juristischen Person tätigen Personen.
Zudem verweist § 2 Abs. 1 Nr. 3 WRegG auch auf § 130 OWiG, so dass Bußgeldentscheidungen einzutragen sind, die sich aus einem Aufsichts- bzw. Organisationsverschulden des Unternehmensinhabers ergeben.
Fazit.
Große Risiken bestehen mit der Einführung des Wettbewerbsregisters gerade für Konzernstrukturen mit komplexen Aufsichtsgremien. Je mehr Leitungspersonal ein Unternehmen hat, desto größer ist auch die Gefahr einer Eintragung des Unternehmens in das Register. Bereits ein Aufsichtsratsmitglied kann eine Aktiengesellschaft durch gesetzeswidriges Verhalten einer Eintragung in das Wettbewerbsregister aussetzen. Die Einführung des Registers ist daher auch ein Beleg für immer weiter steigende Compliance-Pflichten.