Viele Arbeitgeber setzen auf das Einwurfeinschreiben, wenn Sie ein Schriftstück wie eine Kündigung nachweislich zustellen wollen. Doch wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 31.01.2025 – 2 AZR 68/24) unterstreicht, ist das Einwurfeinschreiben kein hundertprozentiger Beweis für den Zugang der Kündigung – insbesondere, wenn der Arbeitnehmer den Erhalt der Kündigung abstreitet.
Was war geschehen? Kündigung und Zugang bestritten.
Ein Arbeitgeber kündigte einer Arzthelferin das Arbeitsverhältnis und stellte die Kündigung per Einwurfeinschreiben zu. Die Arbeitnehmerin bestritt jedoch, die Kündigung erhalten zu haben. Folge wäre, dass die Kündigung unwirksam wäre.
Der Arbeitgeber berief sich auf einen sogenannten „Anscheinsbeweis“ und legte den Einlieferungsbeleg sowie einen online abgerufenen Sendungsstatus („Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“) vor, um den Zugang der Kündigung nachzuweisen.
Einwurfeinschreiben in der Praxis und Rechtsprechung.
Wie der hiesige Arbeitgeber setzen auch viele andere Arbeitgeber auf ein Einwurfeinschreiben für die Zustellung wichtiger Dokumente wie etwa einer Kündigung. Sie wollen damit meist höhere Kosten für eine Botenzustellung sparen. Gleichzeitig gehen sie aber ein Risiko ein, was ein Blick in die aktuelle Rechtsprechung zeigt.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 11.05.2023 V ZR 203/22) etwa hat entschieden, dass unter bestimmten Bedingungen ein Anscheinsbeweis für die Zustellung per Einwurfeinschreiben angenommen werden kann.
Die Folge des Anscheinsbeweises ist, dass davon ausgegangen wird, dass das Schreiben dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist, es sei denn, dieser kann den Zugang substantiiert bestreiten.
Voraussetzung dafür ist jedoch nach dem BGH, dass neben dem Einlieferungsbeleg auch eine Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorgelegt wird.
Laut der Entscheidung des BGH kann erst eine Kopie dieses Belegs (Reproduktion des Auslieferungsbelegs) einen Anscheinsbeweis für den Zugang begründen. Voraussetzung dafür wiederum ist, dass der Zustellvorgang nach einem bestimmten Verfahren dokumentiert wird, nämlich durch die Verwendung eines Abziehetiketts, das nach Zustellung auf den Beleg geklebt wird, zusammen mit Datum und Unterschrift des Zustellers.
Kündigung: Was ist ein Auslieferungsbeleg?
Der Auslieferungsbeleg ist ein gesondertes Dokument, das die Zustellung des Einwurfeinschreibens bestätigt.
Beim Einwurfeinschreiben dokumentiert der Zusteller die Zustellung, indem er die Sendung in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers einwirft.
Dies wird auf einem internen Auslieferungsbeleg der Deutschen Post vermerkt. Dort finden sich Datum, Uhrzeit und die Unterschrift des Zustellers, oft in Verbindung mit einem Abziehetikett der Sendung.
Der Auslieferungsbeleg ist nicht standardmäßig für den Absender einsehbar, kann aber für eine begrenzte Zeit bei der Post angefordert werden.
Die Entscheidung des BAG zur Kündigung per Einwurfeinschreiben.
Das BAG entschied: Ein Einlieferungsbeleg und ein Sendungsstatus reichen nicht aus, um den Zugang der Kündigung sicher nachzuweisen!
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Beweislast für den Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass unter bestimmten Bedingungen ein Anscheinsbeweis für die Zustellung per Einwurfeinschreiben angenommen werden kann. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass neben dem Einlieferungsbeleg auch eine Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorgelegt wird.
Das BAG stellte klar, dass der von der Arbeitgeberin vorgelegte Einlieferungsbeleg eines Einwurfeinschreibens, aus dem neben dem Datum und der Uhrzeit der Einlieferung die jeweilige Postfiliale und die Sendungsnummer ersichtlich sind, zusammen mit einem im Internet abgefragten Sendungsstatus („Die Sendung wurde am 28.07.2022 zugestellt.“), nicht ausreicht, um einen Anscheinsbeweis für den Zugang der Kündigung zu begründen, da spezifische Informationen zur Zustellung fehlen.
Mike Schaidreiter berät nationale und internationale Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen auf sämtlichen Gebieten des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.