Das Bundeskartellamt hat am 25. November 2021 die finalen Fassungen der Leitlinien und Praktischen Hinweise zur vorzeitigen Löschung aus dem Wettbewerbsregister veröffentlicht.
Im Vergleich zu den zuvor veröffentlichten Entwürfen, die wir bereits in den Blogbeiträgen 17 und 18 behandelt haben, ergeben sich unter anderem folgende wesentliche Neuerungen:
Selbstreinigungsleitlinien.
In den Leitlinien wurde insbesondere ergänzt, dass unrichtige und irreführende Angaben und das Verschweigen von relevanten Umständen im Verfahren eine erfolgreiche Selbstreinigung in der Regel ausschließen.
Weiter wurde klargestellt, dass Unternehmen, die nicht in der Lage sind, die Geschädigten ihres gesetzeswidrigen Verhaltens zu benennen, dennoch eine vorzeitige Löschung begehren können. Es besteht jedoch eine Begründungspflicht.
Schließlich wurde klargestellt, dass Selbstreinigungsmaßnahmen, also in der Regel technische, organisatorische und personelle Compliance-Maßnahmen an den spezifischen Gegebenheiten des Unternehmens auszurichten sind, und dass ein Compliance-Management-System eine angemessene Maßnahme sein kann, aber keine notwendige Bedingung für eine Selbstreinigung ist.
Praktische Hinweise zur Antragstellung.
In den Praktischen Hinweisen für einen Antrag wurde unter anderem eingefügt, dass Unternehmen nicht zur Darlegung gegenüber der Registerbehörde verpflichtet sind, wie sie seit ihrem Fehlverhalten in Vergabeverfahren mit öffentlichen Auftraggebern kooperiert haben. Es kann jedoch sinnvoll sein, hierzu vorzutragen, zum Beispiel wenn ein öffentlicher Auftraggeber bereits eine Selbstreinigung anerkannt hat.
Weiter wurde aufgenommen, dass trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten dafür, dass ein Unternehmen nicht umfassend und aktiv mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet hat, eine Selbstreinigung nicht per se ausgeschlossen ist. Diese Ergänzung soll dem Spannungsverhältnis zwischen (rechtsstaatlichen) Verteidigungsrechten von Unternehmen und der umfassenden Aufklärungspflicht im Rahmen einer Selbstreinigung Rechnung tragen.
Ebenfalls wurde ergänzt, dass Unternehmen sicherzustellen haben, dass unternehmensinterne Vorgaben (zum Beispiel Umsatzsteigerungsvorgaben) nicht in einem Konflikt mit der Einhaltung von Compliance-Anforderungen stehen.
Im Ergebnis wurden von der Registerbehörde in den finalen Fassungen der Leitlinien und Praktischen Hinweise nur geringfügige und im Wesentlichen klarstellende Ergänzungen aufgenommen. Gerade mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwischen allgemeinen Verteidigungsrechten von Unternehmen und Aufklärungspflichten im Rahmen der Selbstreinigung wird die Praxis des Bundeskartellamts abzuwarten sein. Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen weiterhin und halten Sie auf dem Laufenden.
Weitere Teile aus dieser Reihe:
- Teil 1: Die Einführung des Wettbewerbsregisters
- Teil 2: Eintragungsgegenstand
- Teil 3: Eintragung ausländischer Entscheidungen
- Teil 4: Abfragepflicht und Abfragerecht
- Teil 5: Abfrage bei Rechtsnachfolge
- Teil 6: Zurechnung zum Unternehmen
- Teil 7: Löschung aus dem Register und Selbstreinigung
- Teil 8: Vertraulichkeit der Registerinformation
- Teil 9: Rechtsschutzmöglichkeiten
- Teil 10: Folgen der Einführung
- Teil 11: Aktueller Stand
- Teil 12: Zielsetzung und allgemeiner Regelungsinhalt der Wettbewerbsregisterverordnung
- Teil 13: Inbetriebnahme des Wettbewerbsregisters
- Teil 14: Selbstreinigung nach der Wettbewerbsregisterverordnung
- Teil 15: Veröffentlichung eines Entwurfs für Leitlinien zur Selbstreinigung sowie praktischer Hinweise für die Antragstellung
- Teil 16: Mitteilungspflichten und Abfragemöglichkeiten ab dem 1. Dezember 2021
- Teil 17: Die vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung (Teil 1)
- Teil 18: Die vorzeitige Löschung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung (Teil 2)
- Teil 19: Finale Fassungen der Leitlinien und Praktischen Hinweise für eine Selbstreinigung
- Teil 20: Geltung von Abfragepflichten und Auskunftsrechten
- Teil 21: Einjähriger Betrieb des Wettbewerbsregisters
- Teil 22: Aktuelle Erfahrungen