Seit dem 1. Oktober 2022 gilt die Corona-ArbSchV vom 26. September 2022 (Bundesanzeiger vom 28. September 2022) die Coronaspezifische zusätzliche Anforderungen an die betrieblichen Abläufe unter arbeitsschutzrechtlichen Gerichtspunkten liefert, insbesondre aus dem Blickwinkel des Infektionsschutzes. Die Verordnung ist zeitlich begrenzt bis 7. April 2023, zu dem sie wieder außer Kraft tritt.

Was ist zu tun? Die Verordnung hat das Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Corona Virus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren und die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Als zentrales Instrument schreibt sie dafür ein betriebliches Hygienekonzept vor. Dieses betriebliche Hygienekonzept ist auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes zu erstellen und definiert für den jeweiligen Betrieb die erforderlichen Schutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz und ihre Umsetzung.

Wichtig: Das betriebliche Hygienekonzept ist auch in den Pausenbereichen und während Pausenzeiten umzusetzen. Es ist damit sachlich, räumlich und zeitlich lückenlos.

Der Arbeitgeber hat nach dem Arbeitsschutzgesetz ohnehin für sämtliche Arbeitsplätze und Betriebsabläufe eine umfassende Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz zu erstellen. Neben diesem Konzept aus dem allgemeinen Arbeitsschutz sieht die ArbSchVO als zusätzlichen Teil der Gefährdungsbeurteilung nun das betriebliche Hygienekonzept zur Minimierung von Infektionsrisiken vor. Konkrete und zwingende Vorgaben macht die Verordnung nicht, sondern sie gibt dem Arbeitsgeber einen Prüfauftrag und zwar für einen Katalog von sieben ausdrücklich genannten Maßnahmen, die jedoch

  • (i) nicht alle umzusetzen sind, auf der anderen Seite aber auch

  • (ii) nicht abschließend sind, sodass theoretisch weitere Maßnahmen ergriffen werden können.

Leider Coronaerfahren, wie man 2022 ist, drängen sich manche Maßnahmen regelrecht auf: infektionsschutzgerechtes Lüften von Innenräumen, Sicherstellung von Handhygiene, Minderung von Personenkontakten und die Einhaltung eines Mindesschutzabstandes von 1,5 Metern zwischen zwei Personen. Zusätzlich sollen die Arbeitgeber prüfen, geeignete Tätigkeiten zumindest teilweise in der Wohnung der Beschäftigten ausführen zu lassen, wenn keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.

Sollte die Gefährdungsbeurteilung ergeben, dass bei Unterschreitung des Mindestabstandes von 1,5 Metern oder bei tätigkeitsbedingten Körperkontakten oder bei gleichzeitigem Aufenthalt bei mehreren Personen in Innenräumen technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten nicht ausreichen, muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten medizinische Gesichtsmasken zur Verfügung stellen. Dies ist etwa der Fall, wenn mehrere Personen an einem Montagepunkt zusammentreffen, bei Bürotätigkeiten aber auch in einer Gemeinschaftsküche, Kantine, Gemeinflächen, Fahrstühlen. Der Pflicht des Arbeitgebers, Masken bereitzustellen entspricht die Pflicht der Mitarbeiter, die Masken zu tragen. Ausgenommen sind lediglich Beschäftigte, die ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten.

Das betriebliche Hygienekonzept ist in geeigneter Weise in der Arbeitsstätte zugängig zu machen, § 2 Abs. 4 Corona-ArbSchV, was auch z.B. auf einer geeigneten Seite im Intranet erfolgen kann.

Neben der Geltungsdauer ist auch die Sanktionierung eigentümlich geregelt: Die Verordnung enthält selbst keine Sanktionsregelung. Wegen der Verweisung der Corona-ArbSchV auf die Gefährdungsbeurteilung wäre denkbar, die Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitsschutzgesetzes heranzuziehen. Dort gilt für Bußgelder jedoch, dass Handlungen nur bußgeldbewehrt sind, wenn eine Vorschrift einer aufgrund ArbSchutzG erlassenen Verordnung ausdrücklich auf § 25 ArbSchG verweist. Das ist bei der Corona-ArbSchV nicht der Fall. Bei dem schwerer wiegenden Strafvorwurf des § 26 liegt es allerding so, dass vorsätzliche und fahrlässige Verletzungen strafbar sind und mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe sanktioniert werden können. Das ist insofern doppelbödig, da für den Straftatbestand auch bedingter Vorsatz ausreicht. Durch sorgsame Handhabung des Prüfaustrages aus der Corona-ArbSchV sollte ein solcher Vorsatz ausgeräumt werden können. Auch insofern empfiehlt sich daher, was im Arbeitsschutzrecht ohnehin gilt: Dokumentieren Sie das betriebliche Hygienekonzept und wie Sie es zugänglich gemacht haben sowie die Maßnahmen seiner Umsetzung.


Christoph Just LL.M., Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, ist Partner in unseret Frankfurter Sozietät. Seine Praxis fokussiert sich auf Prozessführung (staatliche und Schiedsgerichtsbarkeit) wie auch auf regulatory (Umwelt, Energie, Vergabe).