Ab dem 15. März 2022 greift die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Ab dem 16. März dürfen in bestimmten medizinischen Einrichtungen ausschließlich Personen tätig werden, die geimpft oder genesen sind oder eine Kontraindikation nachweisen können. Über die einrichtungsbezogene Impfpflicht und die Konsequenzen für die Einrichtungen und Unternehmen der Gesundheitsbranche hatten wir in unserem Blogbeitrag vom 09. März berichtet.

Für wen gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht?

Nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) müssen insbesondere in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Rettungsdiensten und Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen für ältere, behinderte und pflegebedürftige Menschen (vollständiger Katalog der betroffenen Einrichtungen und Unternehmen in § 20a Abs. 1 IfSG) tätige Personen geimpft oder genesen sein, oder ein ärztliches Attest über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine COVID-19-Impfung nachweisen können.

§ 20a IfSG erfasst neben dem Personal der hier genannten Einrichtungen auch sämtliche Personen, die in diesen Einrichtungen „tätig“ sind oder werden. Der Anwendungsbereich des „Tätigwerdens“ ist weit und erfasst grundsätzlich alle Personen, die Arbeiten gleich welcher Art in diesen Einrichtungen verrichten. Damit fällt auch das Personal von Pharma- und Medizintechnikunternehmen (z.B. Pharmareferenten, Medizinprodukteberater, Mitarbeitende für klinische Studien etc.) und sonstigen Dienstleistern (z.B. IT-Techniker, Installateure, Monteure von technischem Gerät und medizinischem Equipment) unter die Nachweispflicht. Ausgenommen sind Personen, die diese Einrichtungen nur für wenige Minuten betreten (z.B. Paketboten, Kuriere oder Lieferdienste).

Das bedeutet, dass auch die Mitarbeitenden externer Dienstleister, die nicht nur sehr kurzfristig anwesend sind, einen Impf- oder Genesenennachweis oder ein Zertifikat über das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine COVID-19-Impfung vorlegen müssen, bevor sie in den in § 20a IfSG genannten Einrichtungen tätig werden.

Können Vertragsarbeitgeber einen Nachweis verlangen, obwohl sie selbst keine Einrichtung im Sinne von § 20a Abs. 1 IfSG sind?

Die Verpflichtung zur Prüfung des Impf- oder Genesenenstatus trifft grundsätzlich erst einmal nur die in § 20a Abs. 1 IfSG genannten Einrichtungen und Unternehmen.

Da in diesen Einrichtungen aber nur Personen tätig werden dürfen, die über einen entsprechenden Nachweis verfügen, dürfen die Vertragsarbeitgeber von Mitarbeitenden, deren Schwerpunkt die Vor-Ort-Tätigkeiten in den in § 20a Abs. 1 IfSG genannten Gesundheitseinrichtungen ist, den Impf- oder Genesenenstatus ihrer Mitarbeitenden abfragen und diese Daten auch im datenschutzrechtlichen Sinne verarbeiten. Der Impfstatus dieser Mitarbeitenden betrifft unmittelbar deren Eignung für die ihnen zugewiesene Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese Tätigkeit den Schwerpunkt ihres Aufgabenbereichs bildet. Die Verpflichtung der Mitarbeitenden, dem Arbeitgeber Auskunft über ihren Impfstatus zu geben, ergibt sich als Nebenpflicht unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Datenschutzrechtlich folgt die Ermächtigung zur Erhebung und Verarbeitung des Impfstatus aus § 26 Abs. 1 BDSG, weil die Verarbeitung dieser Information für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.

Die Berechtigung zur Erhebung und Verarbeitung des Impfstatus ergibt sich übrigens nicht aus § 28b Abs. 1 und 3 IfSG. Die Erhebung des 3G-Status im Rahmen des § 28b IfSG erfolgt ausschließlich für den Zweck der eigenen Zugangskontrolle und des eigenen betrieblichen Hygienekonzepts. Die Verpflichtung zur Auskunft über den Impfstatus besteht also auch dann, wenn die Regelungen zu 3G am Arbeitsplatz in § 28b IfSG tatsächlich am 19. März auslaufen sollten.

Was können Dienstleister tun, wenn ihre Mitarbeitenden mangels Impfnachweis nicht mehr einsetzbar sind?

Pharma- und Medizintechnikunternehmen sowie Dienstleister für Gesundheitseinrichtungen müssen sich darauf einstellten, dass Mitarbeitende ihres Unternehmens die Gesundheitseinrichtungen ab dem 16. März nicht mehr ohne entsprechenden Impf- oder Genesenennachweis betreten dürfen. Diese Mitarbeitenden können dann nicht mehr für die Vor-Ort-Tätigkeit in Gesundheitseinrichtungen eingesetzt werden.

Soweit noch nicht geschehen, sollten diese Unternehmen schnellstmöglich den Impf- und Genesenennachweis ihrer Mitarbeitenden abfragen.

Verweigern Mitarbeitende entsprechende Auskünfte, kommen arbeitsrechtliche Maßnahmen, insbesondere eine Abmahnung wegen Verletzung von Auskunftspflichten in Betracht.

Sind Mitarbeitende mangels Nachweises nicht mehr einsatzbar, kommt eine (unbezahlte) Freistellung in Betracht. Hier kommt es maßgeblich darauf an, welchen Anteil die Vor-Ort-Tätigkeit an den Mitarbeitenden übertragenen Aufgaben hat. Jedenfalls dann, wenn die Vor-Ort-Tätigkeit in Gesundheitseinrichtungen das Gros der Aufgaben ausmacht und eine Umverteilung der Arbeiten nicht möglich ist, sollte eine unbezahlte Freistellung möglich sein. Machen diese Arbeiten nur einen Teil der Aufgaben aus, müssen arbeitsrechtliche Maßnahmen im Einzelfall geprüft werden.

Auch eine Kündigung kann im Einzelfall möglich sein, insbesondere als verhaltensbedingte Kündigung wegen der Verletzung der Auskunftspflicht. Eine personenbedingte Kündigung wegen Wegfalls der persönlichen Eignung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, bedarf aber einer Prüfung im Einzelfall.

Dürfen Dienstleister die personenbezogenen Daten ihrer Mitarbeitenden an die Gesundheitseinrichtungen weitergeben?

Viele Gesundheitseinrichtungen fordern Pharma- und Medizintechnikunternehmen sowie die von ihnen beauftragten Dienstleister auf, ihnen die personenbezogenen Daten einschließlich der Impf- und Genesen-Zertifikate aller in der Gesundheitseinrichtung eingesetzten Mitarbeitenden des Dienstleisters zu übermitteln.

Von einer Übermittlung der personenbezogenen Daten raten wir ausdrücklich ab.

Bei diesen Daten handelt es sich nicht nur um personenbezogene im Sinne von Art. 4 Ziffer 1 DSGVO, sondern auch um Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 DSGVO, die einem besonderen Schutz unterliegen. Eine Übermittelung dieser Daten an die Gesundheitseinrichtung ist nur bei Vorliegen einer entsprechenden Rechtsgrundlage zulässig.

Eine solche Rechtsgrundlage ergibt sich insbesondere nicht aus § 20a IfSG. Diese Vorschrift richtet sich ausschließlich an die hier genannten Einrichtungen und nicht an externe Dienstleister, die Personal in diese Einrichtungen entsenden. § 20a IfSG ist also keine Ermächtigungsgrundlage für die Übermittlung der Beschäftigtendaten der Mitarbeitenden des Dienstleisters an die Gesundheitseinrichtung.

Andere Rechtsgrundlagen für die Datenübermittlung gibt es – vorbehaltlich einer vom Mitarbeitenden erteilten Einwilligung – nicht.

Die Übermittlung der Beschäftigtendaten an Gesundheitseinrichtungen begründet einen Datenschutzverstoß, der von der Aufsichtsbehörde mit einem Bußgeld belegt würde.

Fazit.

Das Wording des § 20a IfSG ist weit: Von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sind wesentlich mehr Unternehmen betroffen, als die in § 20a Abs. 1 IfSG ausdrücklich benannt sind. Neben Pharma- und Medizintechnikunternehmen fallen alle Dienstleister, deren Mitarbeitende Arbeiten in den in § 20a IfSG genannten Einrichtungen verrichten, unter die Nachweispflicht.

Alle Unternehmen, die zumindest auch für Gesundheitseinrichtungen tätig werden, sollten jetzt schnell handeln. Andernfalls stehen ihre Mitarbeitenden vor verschlossenen Türen und die Unternehmen können unter Umständen ihren Pflichten aus einer Beauftragung nicht nachkommen.


Thorsten Walter berät nationale und internationale Unternehmen umfassend im Bereich des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und angrenzender Rechtsgebiete.

Markus Söding ist im Arbeitsrechtsressort unserer Sozietät tätig. Er berät national sowie international tätige Unternehmen in allen Fragestellung des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, inklusive angrenzender Rechtsgebiete, wie denen des Sozialrechts.