Seit Ende November 2021 gilt, dass Unternehmen täglich den „3G-Nachweis“ ihrer Arbeitnehmer überprüfen müsse, bevor diese ihre Arbeitsstätte betreten. Wir hatten über die Bestimmungen des § 28b Infektionsschutzgesetz im Blogbeitrag berichtet und in zwei Webtalks die weitreichenden Auswirkungen für die tägliche Praxis vor Ort in den Unternehmen diskutiert (Webtalk 3G & Impfstatus am Arbeitsplatz und Follow Up Webtalk).
Zuletzt änderten das Paul-Ehrlich-Institut („PEI“) und das Robert-Koch-Institut („RKI“) die Bewertung des Impfstoffes von „Johnson & Johnson“ und die „Gültigkeitsdauer“ des Genesenenstatus.
Diese nur unerheblich erscheinenden Anpassungen bedeuten für Unternehmen tatsächlich eine große Änderung und erneuten Handlungsbedarf. Zumindest sollten dringend die ergriffenen Kontrollprozesse aus diesem Anlass überprüft werden.
Anpassungen des Genesenenstatus.
Mit der am 15. Januar 2022 in Kraft getretenen Verordnung zur der Corona-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung wurden auch die Anforderungen an Impf- und Genesenennachweis neu geregelt.
Hintergrund sei, dass die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben.
Verkürzung des Genesenenstatus verfassungswidrig?
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hält die Verkürzung des Genesenenstatus nach einer Corona-Infektion von sechs auf drei Monate für verfassungswidrig.
Die zugrundeliegende Regelung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts unwirksam. In einem Eilverfahren hatte das Gericht den Landkreis Osnabrück verpflichtet, dem Antragssteller einen Genesenennachweis für sechs Monate auszustellen (Verwaltungsgericht Osnabrück, Beschluss vom 04.02.2022 - 3 B 4/22).
Auch das Verwaltungsgericht Ansbach entschied im Sinne des Verwaltungsgerichts Osnabrück (VG Ansbach, Beschluss vom 11.02.2022 - AN 18 S 22.00234).
Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zeigten, dass im Rahmen des betrieblichen Infektionsschutzes nach wie vor vieles im Fluss ist und Arbeitgeber sich regelmäßig über die aktuell geltende Rechtslage informieren sollten.
Welche Auswirkungen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte haben, ist offen. Wir empfehlen Arbeitgebern, im Rahmen der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes bis auf Weiteres von der vom RKI festgestellten verkürzten Geltungsdauer des Genesenenstatus auszugehen. Das heißt, dass Genesene ihren Status als „genesen“ nach 90 Tagen verlieren und – wenn sie nicht geimpft sind – einen entsprechenden Testnachweis beibringen müssen.
Anpassungen des Impfstatus.
Das PEI überarbeitete die Anforderungen für den vollständigen Impfschutz.
Als vollständig geimpft gilt jemand auch, wenn er eine Impfdosis erhalten hat und danach erkrankt ist oder andersherum.
Auswirkungen für die Praxis im Unternehmen.
Durch die Anpassungen des RKI und des PEI haben sich die Bedingungen des 3G-Nachweises verändert. Zuvor als „geimpft“ geltende Personen mögen nun per definitionem nicht mehr „geimpft“ sein, auch die Dauer des Genesenenstatus hat sich drastisch reduziert.
Weil Unternehmen für die Überprüfung des Status verpflichtet sind, müssen sie tätig werden und die eingerichteten Kontrollen im Hinblick auf die geänderten Rahmenbedingungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Stellt sich heraus, dass Impf- oder Genesenstatus nach den aktuellen Vorschriften nicht mehr besteht, muss sichergestellt werden, dass ein qualifizierter Testnachweis erbracht wird – bis der Impf- oder Genesenstatus (wieder) besteht und nachgewiesen wurde.
Durchführung der Kontrolle.
Formal ändert sich die tägliche Kontrolle von Impf-, Genesen- oder Testnachweis für die Unternehmen nicht.
Tatsächlich muss nun aber sichergestellt werden, dass das Ergebnis der Überprüfung bedeutet, dass kein Arbeitnehmer Zutritt zur Arbeitsstätte bekommt, der nur einmal mit Johnson & Johnson geimpft ist oder deren Genesenenstatus nun länger als 90 Tage besteht – wenn er nicht getestet ist.
Zwar mag es in Bezug auf den Impfstatus auch ausreichen, wenn sich die Kontrolle auf die Anzahl der Impfungen beschränkt – in jedem Fall werden nun zwei Impfungen (oder eine Kombination mit einer Erkrankung) erforderlich sein. Dies würde dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Datenminimierung entsprechen.
Aufgrund der fortlaufenden Anpassungen an eine sich entwickelnde Infektionslage und auch an immer neue Erkenntnisse, ist den Unternehmen aber in der Praxis zu raten, bei der Feststellung des Impfstatus auch den beziehungsweise die verimpften Impfstoffe zu erfassen, falls nicht schon geschehen.
Nur so kann vermieden werden, dass bei jeder Anpassung eine neue Überprüfung sämtlicher geimpfter Mitarbeiter durchgeführt werden muss. Haben Unternehmen nicht schon im November 2021 den Impfstoff notiert, müssen Sie nun erneut kontrollieren. Selbiges kann auf sie zukommen, wenn aufgrund der Weiterentwicklung der Virusvarianten beschlossen wird, dass für einen „vollständigen Impfschutz“ auch eine „Booster-Impfung“ notwendig wird. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier genaue Vorgaben gemacht werden, welche Impfstoffe in welcher Reihenfolge mit welchen Impfstoffen kombiniert werden dürfen – und welche nicht.
Weitere Informationen zur Auswirkung des Virus auf die arbeitsrechtliche Welt, finden Sie auf dieser eigens dafür angelegten Seite von SCHULTE RECHTSANWÄLTE.
Thorsten Walter berät nationale und internationale Unternehmen umfassend im Bereich des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und angrenzender Rechtsgebiete.
Markus Söding ist im Arbeitsrechtsressort unserer Sozietät tätig. Er berät national sowie international tätige Unternehmen in allen Fragestellung des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, inklusive angrenzender Rechtsgebiete, wie denen des Sozialrechts.