Der Kartellrecht Newsflash heute wesentlich von und mit unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter, Herrn Dominik Radzivilovskij.
EuGH auf neuen Straßen unterwegs Schadensersatzpflicht überdauert Transfers von Assets und Umformungen.
Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung Skanska Industrial umfassend mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit eine Schadensersatzpflicht dadurch vermieden / ausgeschlossen werden kann, dass tatsächliche und gesellschaftsrechtliche Veränderungen erfolgen.
Die Haftung für Tochtergesellschaften im Bußgeldrecht direkt war bereits in anderem Zusammenhang hier im Blog besprochen worden. Auf die dort entwickelten Grundsätze greift der EuGH auch in der neuen Entscheidung zurück. Im Ergebnis halfen den kartellbeteiligten Unternehmen weder die Übertragung von Assets in beziehungsweise an neue Gesellschaften, noch die Liquidation alter bestehender Gesellschaften. Der EuGH geht von einem weiten Begriff des „Unternehmens“, flankiert durch das Effektivitätsprinzip aus. Dieses „Unternehmen“ haftet denn auch für die durch das Kartell verursachten Schäden – auch wenn der ursprüngliche Rechtsträger nicht mehr existiert.
Fazit: Die Geltendmachung von Kartellschadensersatz ist auch dann denkbar, wenn der eigentliche Vertragspartner längst liquidiert ist. Der EuGH hat nicht nur den Versuch von Umstrukturierungen als Ausweg für potentielle Schadensersatzklagen unattraktiv gemacht, sondern auch dem Gesellschaftsrecht, insbesondere dem deutschen Gesellschaftsrecht, einige spannende Hausaufgaben gegeben. Es stellen sich mindestens so viele neue Fragen wie alte beantwortet wurden. Im D’Kart-Blog hat Rupprecht Podszun bereits einige davon formuliert.
Aller guten Dinge sind drei (?) – Kommission verhängt drittes Bußgeld gegen Google.
Die Europäischen Kommission hat ein weiteres Bußgeld gegen Google verhängt. Bereits im Juni 2017, sowie im Juli 2018 verhängte die Kommission Bußgelder von EUR 2,24 und 4,34 Mrd. gegen Google.
Der aktuelle Vorwurf: Google habe seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem das Unternehmen eine Reihe von restriktiven Klauseln in Verträgen mit Drittanbietern eingefügt hat, die die Konkurrenten von Google daran hinderten, ihre Suchanzeigen auf deren Websites zu platzieren.
Websites von Drittanbietern haben oft eine eingebettete Suchfunktion. Wenn ein Nutzer mit dieser Suchfunktion sucht, liefert die Website sowohl Suchergebnisse als auch Suchanzeigen, die neben dem Suchergebnis erscheinen. Über „AdSense“ stellt das Unternehmen diese Suchanzeigen den Inhabern von „Publisher“-Websites zur Verfügung. Google fungiert also als Vermittler. Google wurde vorgeworfen:
- Google hat in den Verträgen eine ausschließliche Lieferverpflichtung vorgesehen, die Wettbewerber daran hinderte, Suchanzeigen auf den kommerziell bedeutendsten Websites zu schalten.
- Google führte eine so genannte "entspannte Exklusivitätsstrategie" ein, die darauf abzielte, die wertvollsten Positionen für die eigenen Suchanzeigen zu reservieren und die Performance der konkurrierenden Anzeigen zu kontrollieren.
Dies führt dazu, dass Wettbewerber auf dem Markt für Online-Suchmaschinenwerbung behindert werden.
Fazit: Dieses Verhalten hat Google nun EUR 1,49 Mrd. gekostet. Die Entscheidung zeigt, dass nicht nur die britischen Behörden MAGAF im Blick haben. Insbesondere Amazon, Google und Facebook sind auch weiter im Fokus der Wettbewerbsbehörden.
Just (don´t) do it – Kommission verhängt Bußgeld gegen Sportartikelhersteller Nike.
Die Europäische Kommission hat gegen Nike eine Geldbuße in Höhe von EUR 12,5 Mio. verhängt, weil es Nike-Händlern unzulässig erschwert worden war, lizenzierte Waren in andere Länder des EWR zu verkaufen.
Die Einschränkung betraf Merchandising-Produkte einiger der bekanntesten europäischen Fußballvereine und -verbände, für die Nike die Lizenz besaß. Nike hat eine Reihe von direkten Maßnahmen zur Einschränkung des Verkaufs außerhalb des Gebiets durch Lizenznehmer erlassen, wie zum Beispiel Klauseln, die diese Verkäufe ausdrücklich verbieten, Verpflichtungen zur Weiterleitung von Aufträgen für Verkäufe außerhalb des Gebiets an Nike und Klauseln, die doppelte Lizenzgebühren für Verkäufe außerhalb des Gebiets vorschreiben.
Fazit: In der Sache handelt es sich um ein eine klare Beschränkung des grenzüberschreitenden Handels, die im Vertikalverhältnis durchgesetzt und bei Nike zentralisiert war. Derartige Vereinbarungen stellen klassische Gebietsaufteilungen (und damit sogenannte Kernbeschränkungen) dar, die auch nach der Vertikal-GVO nicht freigestellt sind. Unternehmen tun gut daran, ihre Vertriebskonzepte mit entsprechendem Flügelschutz zu konzipieren oder zumindest im Nachhinein auf „high risk“-Elemente prüfen zu lassen.