Der coronabedingte Lockdown verlängert sich immer wieder und betrifft dabei besonders auch Eltern, deren Kinder von KiTa- oder Schulschließungen betroffen sind. In vielen Fällen wird es immer schwieriger, die Betreuung der Kinder sicherzustellen. Zunächst hatte der Gesetzgeber als Antwort auf diese Probleme mit einer Erweiterung des Entschädigungsanspruchs gemäß § 56 Absatz 1a Infektionsschutzgesetz reagiert.
In Anbetracht der fortdauernden Einschränkungen des öffentlichen Lebens wurde der Gesetzgeber nun erneut tätig und hat zusätzlich den Anspruch auf Kinderkrankengeld für das Jahr 2021 erweitert.
Anspruchsumfang.
Nach dem neuen § 45 Absatz 2a SGB V besteht für gesetzlich Versicherte rückwirkend seit dem 5. Januar 2021 und für das Kalenderjahr 2021 ein Anspruch auf Krankengeld für jedes Kind längstens für 20 Arbeitstage (statt vorher für 10), für alleinerziehende Versicherte längstens für 40 Arbeitstage (statt vorher für 20). Der Bezugszeitraum wurde also grundsätzlich verdoppelt. Der Anspruch besteht insgesamt aber nicht mehr als 45 Arbeitstage pro Elternteil oder für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 90 Arbeitstage.
Voraussetzungen.
Der erweiterte Anspruch besteht, anders als es die Bezeichnung vermuten lässt, nicht nur in den Fällen, in denen das Kind krank ist. Vor dem Hintergrund der Corona-Beschränkungen ist er auch anwendbar, wenn
- Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund des Infektionsschutzgesetzes vorübergehend geschlossen werden,
- deren Betreten, auch auf Grund einer Absonderung, untersagt wird,
- wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden,
- wenn die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird,
- wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird oder wenn das Kind auf Grund einer behördlichen Empfehlung die Einrichtung nicht besucht.
Diese Voraussetzungen sind der Krankenkasse von den Arbeitnehmern auf geeignete Weise nachzuweisen, etwa durch die Vorlage einer Bescheinigung der Einrichtung oder der Schule. Zudem müssen die Mitarbeitenden nachweisen, dass keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht, etwa durch Familienangehörige oder durch Wahrnehmung einer Notbetreuung.
Da die Arbeitgeber hiervon zwar nicht unmittelbar finanziell betroffen sind, die Mitarbeiter aber bei Vorliegen der Voraussetzungen freistellen müssen, sollten auch diese sich entsprechende Nachweise vorlegen lassen.
Konkurrenz zu § 616 BGB.
Sofern ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus § 616 BGB besteht, insbesondere, wenn derartige Ansprüche nicht vertraglich ausgeschlossen sind, verdrängt dieser den Anspruch auf Kinderkrankengeld, § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Arbeitgeber können ihre Mitarbeitenden also nicht zunächst auf das Kinderkrankengeld verweisen.
Gleichzeitig führt die Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dazu, dass sich der Anspruch auf Kinderkrankengeld um die Tage verkürzt, an denen den Mitarbeitenden gegen den Arbeitgeber ein Vergütungsanspruch nach § 616 BGB zusteht.
Sollten Arbeitgeber gemäß § 616 BGB Entgelt an Mitarbeitende gezahlt haben, obwohl diese nun grundsätzlich in der Zeit auch einen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben, ist eine Anrechnung oder Erstattung nicht möglich. Die Regelung des § 616 S. 2 BGB gilt für diese Fälle nicht. Vielmehr müssen Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden auf das Kinderkrankengeld verweisen, mit einer Rückforderung durch die Krankenkassen rechnen, sollte den Mitarbeitenden tatsächlich ein Anspruch nach § 616 BGB auf Zahlung gegen den Arbeitgeber zugestanden haben. Diese Ansprüche würden gemäß § 115 SGB X auf die Krankenkasse übergehen.
Konkurrenz zu Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz.
Sollten Mitarbeitende wegen der vorgenannten Sonderregelung nach § 45 Abs. 2a SGB V Anspruch auf Kinderkrankengeld haben, ruht jedoch wiederum gemäß § 45 Abs. 2b SGB V für diesen Zeitraum der Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG. Bis der Zeitraum erschöpft ist können die Arbeitgeber betroffene Mitarbeitende also auf das Kinderkrankengeld verweisen und eine Vorauszahlung der Entschädigung verweigern.
Astrid Krüger berät nationale und internationale Unternehmen umfassend im Bereich des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und angrenzender Rechtsgebiete und begleitet Restrukturierungen und Transaktionen.