Nachdem die jüngsten Entscheidungen des EuGH bezüglich des Urlaubes eine Hinweis- und Aufforderungspflicht des Arbeitgebers konstituierten, haben die ersten Entscheidungen nationaler Gerichte nicht lange auf sich warten lassen. Arbeitgeber sind dazu aufgerufen, die Vorgaben der Gerichte präzise zu befolgen, um zu verhindern, dass Streitigkeiten hinsichtlich bestehender Urlaubsansprüche auf sie zukommen.

Grundsätzliche Obliegenheiten für Arbeitgeber.

Das BAG hat nach den Entscheidungen des EuGH folgende Belehrungsobliegenheiten des Arbeitgebers festgelegt. Diese umfassen:

  1. Die Mitteilung eines „konkret“ zu bezeichnenden Urlaubsanspruches eines bestimmten Jahres,
  2. die Aufforderung den Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann und
  3. den klaren Hinweis auf den Verfall des Urlaubes, wenn dieser nicht genommen wird.

Abstrakte Angaben genügen zur Erfüllung der Obliegenheiten nicht, also beispielsweise Angaben im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt, in der Entgeltabrechnung oder in einer Betriebsvereinbarung. Nach dem BAG genügt allerdings die Mitteilung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zu Beginn des Jahres über den Urlaub verbunden mit der Aufforderung diesen rechtzeitig zu beantragen, da ansonsten der Verfall droht. Sollte eine solche Mitteilung nicht zu Beginn des Jahres erfolgt sein, ist zu empfehlen, in der zweiten Jahreshälfte diese Obliegenheiten unter Nennung des konkreten noch offenen Urlaubsanspruches für das laufende Kalenderjahr vorzunehmen. Im Falle einer erneuten Erinnerung in der zweiten Jahreshälfte ist zu empfehlen, diese Grundsätze ebenfalls zu wahren.

Belehrungsobliegenheiten bei Langzeiterkrankung.

Die Reichweite der Belehrungsobliegenheiten wurde nunmehr für Langzeiterkrankte durch das LAG Hamm entschieden (5 Sa 676/19). Dieser Fall beinhaltete einige Klarstellungen für Arbeitgeber.

Hintergrund.

In dem Fall des LAG Hamm wandte sich die Arbeitnehmerin gegen den Verfall eines Teils ihres Urlaubsanspruchs. Die Arbeitnehmerin war im Jahr 2017 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und forderte im November 2018 ihren Arbeitgeber erfolglos auf, noch offene 14 Urlaubstage für das Jahr 2017 abzugelten. Daraufhin klagte die Arbeitnehmerin auf Abgeltung der Urlaubstage und berief sich darauf, dass sie nicht über den Verfall der Urlaubstage belehrt worden sei.

Entscheidung.

In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Die Richter am LAG Hamm wiesen die Berufung hiergegen ebenfalls zurück.

Bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern besteht nach dem LAG Hamm während der Krankheit keine Belehrungsobliegenheit über den Urlaub. Während einer Langzeiterkrankung ist ein Arbeitnehmer nicht in der Lage seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen. In einem solchen Fall kann aber nach der Entscheidung der Richter aus Hamm auch keine korrekte Belehrung über die Urlaubsansprüche erfolgen. Dies ergibt sich daraus, dass im Falle der Arbeitsunfähigkeit bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern die Urlaubsansprüche erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres erlöschen. Der Hinweis auf den Verfall des Urlaubes zum Jahresende oder zum 31.03. des Folgejahres wäre bei einem langzeiterkrankten Arbeitnehmer somit schlichtweg nicht zutreffend, sondern vielmehr falsch. Nach Auffassung des Gerichts hat der Arbeitgeber erst nach der Wiedergenesung die genannten Obliegenheiten zu erfüllen und den Arbeitnehmer über den ihn zustehenden Urlaub zu belehren. Im zu entscheidenden Fall war es aber nicht zu einer Wiedergenesung gekommen.

Praxis.

Arbeitgeber sind aufgerufen, sofern noch nicht erfolgt, den oben genannten Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nachzukommen. Ansonsten können sich Arbeitnehmer darauf berufen, dass der Urlaub nicht verfallen sei.

Bezüglich langzeiterkrankten Arbeitnehmern besteht während der Krankheit nach der Rechtsprechung des LAG Hamm diese Obliegenheit zunächst nicht. Erst bei Wiedergenesung sind die Belehrungsobliegenheiten zu befolgen und die Arbeitnehmer über den ihn dann noch zustehenden Urlaub zu informieren mit der Aufforderung, diesen so zu beantragen, dass sie diesen innerhalb des laufenden Urlaubsjahres nehmen können, da ansonsten der Verfall droht.