Der sogenannte „Coronavirus“ breitet sich nun auch in Deutschland mehr und mehr aus. „Häusliche Quarantäne“, „Sperrgebiete“ und „Kontaktpersonen“ sind Begriffe, mit denen man bislang wenig zu tun hatte.
Wir geben Ihnen einen Überblick, was aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten ist.
ad hoc Maßnahmen.
Arbeitgeber sollten bereits jetzt diverse Schritte ergreifen und ein „Corona-Konzept“ entwickeln. Einige Maßnahmen sollten unmittelbar umgesetzt werden, andere vorbereitet und durchdacht sein:
Allein schon aus Fürsorgegesichtspunkten heraus sollten Arbeitgeber stets die aktuellen Entwicklungen und die Empfehlungen des Gesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Instituts sowie der zuständigen Gesundheitsämter verfolgen und ihren Mitarbeitern ggf. erforderliche Hinweise geben oder Maßnahmen ergreifen.
Als geeignete Präventivmaßnahme sollte der Arbeitgeber eine ausreichende Ausstattung mit virologisch wirksamen Desinfektionsmitteln, bestmöglich im Eingangsbereich sowie auf den Toiletten, zur Verfügung stellen.
Ergänzend sollten die Mitarbeiter auf allgemeine Verhaltensweisen hingewiesen werden: etwa häufiges und gründliches Händewaschen und Desinfizieren, das Nießen in ein (Einmal-) Papiertaschentuch oder die Armbeuge, die Vermeidung von Händeschütteln oder Umarmungen und ausreichendes Trinken.
Die Mitarbeiter sollten aufgefordert werden zu melden, wenn sie innerhalb der letzten 14 Tage Kontakt mit infizierten Personen oder solchen, die selbst „Kontaktpersonen“ sind, hatten. Zudem sollten diese auch Auskunft geben, wenn sie privat in Risikogebieten (derzeit insb. China und Norditalien) waren. Nur so können angemessene Maßnahmen in Bezug auf die anderen Mitarbeiter ergriffen werden.
Vorsorglich sollten Arbeitgeber vorbereitend die technischen und rechtlichen Möglichkeiten der Tätigkeit vom Homeoffice aus prüfen und gegebenenfalls noch erforderliche Schritte einleiten. Ob das Arbeiten vom Homeoffice bereits als Präventivmaßnahme zur Vermeidung von potentiellen Ansteckungen genutzt wird oder erst im Fall einer Quarantäne von Mitarbeitern als Verdachtspersonen oder gar Betriebsschließungen, muss abgewogen werden.
Achtung: Ist eine Arbeit von Zuhause aus bislang nicht arbeitsvertraglich geregelt, kann der Arbeitgeber nicht im Wege des Weisungsrechts die Heimarbeit einseitig anordnen.
Das Erfordernis von Dienstreisen, insbesondere in Risikogebiete, sollte kritisch hinterfragt werden.
Im Akut-Fall.
Ist ein Arbeitnehmer an Corona erkrankt, gelten die üblichen Regelungen: er erhält nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz für bis zu 6 Wochen sein Entgelt vom Arbeitgeber fortgezahlt, danach erhält er Krankengeld.
Unterliegen Mitarbeiter als lediglich Ansteckungsverdächtige einem behördlichen Beschäftigungsverbot / ist Quarantäne angeordnet, sind sie nicht arbeitsunfähig im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Ist eine Tätigkeit im Homeoffice möglich, können diese ihre Arbeitsleistung regulär weiter erbringen. Ist das nicht möglich, besteht ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen gem. § 56 Abs. 5 IfSG, die zunächst der Arbeitgeber auszahlt, sich aber erstatten lassen kann. Für die ersten 6 Wochen besteht der Anspruch in Höhe des Verdienstausfalls, danach in Höhe des Krankengeldes.
Mitarbeiter dürfen nicht für sich entscheiden, dass sie nun aufgrund der allgemeinen Lage lieber zuhause bleiben – sie haben nicht nur keinen Vergütungsanspruch sondern riskieren regelmäßig auch ihr Arbeitsverhältnis.
Die zuständigen Behörden und Gesundheitsämter können nach §§ 28 ff. IfSG die „notwendigen“ Maßnahmen zur Eindämmung von Krankheiten ergreifen, soweit und solange diese Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Auf dieser Grundlage kann es zu einer (vorübergehenden) Betriebsschließung kommen.
Auch Arbeitgeber sind berechtigt, den Betrieb vorübergehend zu schließen, wenn sie es für erforderlich halten – insbesondere, wenn es konkrete Erkrankungsfälle oder eine Vielzahl von Kontaktpersonen im Betrieb gibt.
Soweit aber die gesunden Arbeitnehmer zur Arbeit fähig sind, muss der Arbeitgeber die Vergütung weiter zahlen, § 615 Abs. 3 BGB, die Schließung gehört in der Regel zu seinem Betriebsrisiko. Insbesondere wird dabei auch eine kurzfristige Anordnung von „Betriebsferien“ nicht möglich sein.
Sind Kindergärten oder Schulen geschlossen kann es passieren, dass Arbeitnehmer ihre Kinder betreuen müssen und deswegen nicht zur Arbeit erscheinen können.
Wenn eine Beaufsichtigung der Kinder aufgrund des Alters „geboten“ ist und insbesondere eine andere geeignete Aufsichtsperson nicht zur Verfügung steht, kann der Arbeitgeber gem. § 616 BGB dabei auch verpflichtet sein, die betroffenen Arbeitnehmer weiter zu vergüten. Das hängt aber an den individuellen Vereinbarungen – der Anspruch kann auch ausgeschlossen sein, so dass kein Anspruch besteht.
Kann ein Arbeitnehmer nicht wie üblich mit der Bahn zur Arbeit kommen, da diese ihren Betrieb eingestellt hat, gilt der allgemeine Grundsatz: es liegt im Risikobereich des Arbeitnehmers, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Er muss dann andere Wege finden, sonst riskiert er sogar Maßnahmen von der Abmahnung bis hin zur Kündigung.
Die finanziellen Belastungen können groß werden. Hier ist der Arbeitgeber auf Betriebsrat und Mitarbeiter angewiesen, um den Schaden aufgrund einvernehmlicher Regelungen möglichst klein zu halten: der Aufbau von Soll-Arbeitszeit, der Abbau von Überstunden oder eine Urlaubsnahme können Möglichkeiten sein.
Arbeitgeber sollten zudem auch die Möglichkeit von Kurzarbeit prüfen, um die finanziellen Belastungen zu verringern, die durch Arbeitsausfälle im Zusammenhang mit Corona eintreten.
Über die Autoren.
Petra Ostmann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und leitet das arbeitsrechtliche Ressort. Sie betreut verschiedenste internationale und nationale Mandanten, schwerpunktmäßig im kollektiven Arbeitsrecht sowie im Beschäftigtendatenschutz.
Astrid Krüger berät nationale und internationale Unternehmen umfassend im Bereich des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts und angrenzender Rechtsgebiete und begleitet Restrukturierungen und Transaktionen.